Ehdi

Flitterwochen sind kein Zuckerschlecken

Es ist Abend geworden auf der Revenge. Mein Kapitän und ich haben es uns in Liegestühlen auf dem Quarterdeck bequem gemacht. Die Füße auf der Reling betrachten wir den Sonnenuntergang, der malerisch Meer und Himmel verschönert. Fast hätte unser kleiner Ausflug hier den Anstrich einer romantischen Flitterwochenfahrt, wenn da nicht das Problem mit dem Proviant wäre, das doch einigermaßen dringlich zu werden droht. Flitterwochen mit leerem Magen sind nämlich gar nicht so toll, und dass dem so ist beweist justament ein lautes Knurren aus Mr Sparrows Richtung.

"Jack, wir...." - ausnahmsweise ist es nicht der Käptn, der mich unterbricht, sondern ein lautes Flattern und Rauschen in den Wanten über uns. Ich entdecke etwas Blaugelbes.

"Eisbein! Eisbein!"

Cottons Papagei.

"Das hätte ich nicht besser ausdrücken können. Jack! Wir müssen..." - Eisbein!!! - "..irgendwoher etwas zu Essen beschaffen. Sonst siehts schwarz für uns aus."

Ich ernte....nichts.
Rein gar nichts.
Von Jack kommt keinerlei Reaktion; keine Ahnung ob er mir überhaupt zugehört hat.
Keine Antwort, kein dummer Kommentar, nicht mal ein Augenrollen oder sonst irgendein Zucken.

Stattdessen kommt Will. Also, die Treppe herauf. Thin im Schlepptau, und dahinter erkenne ich Gibbs, Cotton, Marty, den Russen und rote Hosen. Ich ahne schon, was jetzt kommen wird. Will setzt an zu sprechen....

Kürbis! Eisbein!! Kürbis!

"Äääh ja...genau. Um die sollten wir uns schleunigst kümmern..." - "Vergiss es, Will", rede ich auf den Waffenschmied ein. "Das hab ich auch schon probiert, aber irgendwie herrscht bei Captn Sparrow heute Durchzug".

Das sorgt dann doch für Aufmerksamkeit. Betont langsam erhebt sich besagter Kapitän und schlendert rüber zu Will. Der Reihe nach besieht er sich die dort aufgereihten Gestalten. So wie es aussieht, hat er den Plan zu unserer Rettung schon parat....

"Seeräuber-Opa Fabian!"








????





"Seeräuber-Opa Fabian, savvy?"


Betontes Schweigen. Ob Jack die Hitze in der Flaute nicht gut getan hat, oder vielleicht hat ihn doch ein Geschütz der Pelegostos am Kopf getroffen? Der Rest der Mannschaft scheint ähnliche Gedanken zu haben.

Gibbs_AtWorldsEnd

"Jack...um Himmels Willen, was meinst du?? Wer ist Seeräuber-Opa Fabian? Und was hat er mit unserem Proviant zu tun?"

"Na, mein Ururgroßvater natürlich!", kommt die prompte Antwort - der Rest der Fragen wird wie immer ignoriert. Überhaupt: Fabian Sparrow? Ich zweifle stark an der geistigen Gesundheit seines wie auch immer gearteten Nachkommen. Wobei...es scheint erblich zu sein. Ich stelle mir Jacks Ahnherrn vor, einen furchterregenden, grimmigen, einäugigen Seeräuberkapitän mit struppigem Bart und glühenden Augen, dessen bester Einfall auf den sieben Weltmeeren es war, seinen Sproß Fabian zu taufen.

Im Prinzip kann Jack also eigentlich nichts dafür.

Ich hole tief Luft. "Jack....".
Ruhig bleiben. Mantra. Eins, zwei...
"Könntest du mir bitte trotzdem erklären, was dein Urgroßvater..."
"Urur!"
"Ja, entschuldige, Ururgroß.."
Eisbein!!!
Eins, zwei, drei... "...mit unserem Proviant zu tun hat und der Tatsache, dass wir *dringend* Wasser brauchen?".

"Taka Tuka, savvy?"

Ich fange an, Kopfschmer.... - "Mein Ururgroßvater war der gefürchtetste Pirat aller Zeiten..." - "Fabian, ja. Todgefährlich. Weiter?" - "..und nicht nur das. Er war auch der gerissenste Pirat aller Zeiten. Uuund: er war König!"

Eine steile Falte erscheint auf Wills Stirn. Gibbs reibt sich die Schläfen.

"König der Koredutten auf Taka Tuka-Land natürlich!", beschließt der Käptn seine Litanei und haut Will freundschaftlich ins Kreuz. "Und als solcher war er natürlich klug genug...." - irgendwoher zieht Jack eine Karte und entrollt sie theatralisch vor uns. "...seinem Sohn eine genau Karte mit der Lage dieser Insel und einer Beschreibung ihrer reichen und üppigen Vorrät-..." - "Liegt diese blöde Insel irgendwo in Reichweite?", will ich wissen.

Etwas indigniert reicht Jack mir Karte und Kompaß. "Natürlich! Drei Strich Nord-Nord-Ost".

"Kurs auf Tukkatukka!", ruft Gibbs und auf einmal herrscht Bewegung in der Mannschaft. "Großschot dicht! Klar zum setzen des Vorsegels. Klar bei Fockschoten und Fockroller!"

"Taka Tuka", murmelt Jack und dreht sich zu mir. Ich zucke die Schultern. "Sag mal, Käptn Jack Fabian Sparrow...dein Ururgroßvater war also König?" - "Aye!" - "Sag...ist der Titel denn erblich? Bist du denn auch König von Taka Tuka-Land?"

Jack räuspert sich leicht verlegen und zwirbelt seinen Schnurrbart. "Nun ja, nominell....". Das reicht mir. "Euer Majestät?", grinse ich, während eine Hand um des Königs Taille wandert. "Eine Audienz, if you please? Eine Audienz...privater...Natur". Goldzähne funkeln in der Dämmerung.
"Lass uns gehen, Käptn".

Wir schlendern der Kapitänskajüte zu. Immerhin sind wir in den Flitterwochen.

Seeräuber-Enkel Fabian
fährt mit mir auf nem schnieken Kahn
kreuz und quer auf dem Ozean
lass uns nach Takatuka fahrn
Seeräuber-Enkel Fabian...

Ka-lin-ka-ka-lin-ka....

„...da woi?“

Verständnisloser Blick.

Ich gebs auf. Ich kann nunmal kein Russisch, jedenfalls nicht mehr als diesen einen Satz, und der scheint entweder Dialekt oder hoffnungslos veraltet zu sein. Der kleine Russe guckt mich jedenfalls an, als hätte er die Marsmännchen gesehen. Nur "Borschtsch" hatte noch ein interessiertes Aufleuchten in den Augen zur Folge, aber nachdem von nirgendwoher Borschtsch kam, verlor sich das relativ schnell im Nichts.

Immerhin haben wir es schon geschafft, ihm seinen Namen zu entlocken (sagt noch einmal einer, die gute alte „Ich Ehdi, du Tarzan“-Zeig-Methode würde nicht funktionieren), allerdings auch mit durchwachsenem Erfolg.

Ich kann mir den komplizierten russischen Namen keine zwei Sekunden merken, und nur Jack in seiner konsequent-penetranten Art nennt unseren neuen Freund abwechselnd „Chewbacca“ oder „Tschakka“. Auf ein besonders bedrohliches Russenfunkeln hat er es noch mit „Takatuka“ versucht, was die Situation nicht gerade verbessert. Deswegen haben wir uns erstmal auf ein simples „Russki“ verlegt, bis wir mit unserem Latein----- äh, Russisch etwas weiter sind.

Verständigungsschwierigkeiten

Thin reicht die Karte an uns weiter, doch ich kann mit dem zerdängelten Schriftstück ebensowenig anfangen wie mit dem nicht minder zerdängelten Überbringer desselben. Jack hingegen.....

"Das kenne ich! Das ist die Insel, auf der sie mich damals, du weißt schon, als ich noch Käptn der Black Pearl...also zum ersten Mal Käptn der Black Pearl...wobei rein technisch war ich ja immer ihr Käptn, deswegen gibt es gar kein erstes und zweites Mal...auch kein drittes, so gesehen, und...."
"Und Du kennst also diese Insel?"
"Aye"

Die Augen des Postboten - denn ein solcher ist es offensichtlich - leuchten auf. "Das Eiland ist Ihnen bekannt? Meine Damen...und Herren..dürfte ich Sie freundlichst ersuchen, mir in dieser Notlage gewissermaßen einen Aushilfsdienst zu erweisen? Würden Sie sich gnädigst bereit erklären, dieses Schriftstück dem Empfänger zuzustellen, wenn ich Ihnen selbiges überlasse? Sollten Sie einmal in Lummerland vorbeikommen, wird König Alfons der Viertelvorzwölfte es Ihnen sicher dankend vergelten".

Viertel vor zwölf schlägts hier gleich. Ist der Kerl nicht ganz sauber? Ich habe nun wahrlich keine Lust, anderen Leuten die Post nachzutragen. Wir haben beileibe Wichtigeres zu tun!

"Ich bedaure", mische ich mich ein. "Die Insel mag uns bekannt sein, aber ein Schiff mit roten Segeln kennen wir nicht".

(Hoffentlich kommt Jack jetzt nicht wieder mit Onkel Saos Amüsement-Barke an).

"Das macht nichts", entgegnet der Postillon; schon im Begriff, wieder über die Bordwand zu klettern. Logisch, seine ungeliebte Fracht hat er ja elegant los.

"Ich bedaure sehr, Sie damit belästigen zu müssen, jedoch habe ich bereits mehr Zeit auf dieses Schriftstück verwendet, als in der Postordnung, Paragraph 13 Abschnitt 7 verzeichnet ist..."

Seine Stimme wird schon leiser, während er sich die Bordwand hinunter hangelt. Wir treten geschlossen an die Reling und sehen ihm nach,

"...und es wartet da noch eine dringende Sendung an König Gurumusch, die zugestellt werden muss, da sonst das Meeresleuchten ausfällt..."

Himmelnochmal. Ist der Kerl deliriös oder was? Ich verstehe kein Wort von dem Gefasel. Dann fällt mein Blick ins Boot und auf etwas, das darin liegt.

"Und was ist das da?", will ich wissen und zeige auf das Bündel im Heck (hat so ein kleines Boot überhaupt ein Heck?), das verdächtig wie ein zusammengerolltes, menschliches Wesen aussieht.

"Ach, das...". Der Postbote hat glatt den Anstand, rot zu werden. "Den bekomme ich schon seit Lummerland nicht wach. Es ist kein Absender drauf und kein Empfänger. Wahrscheinlich sind die Etiketten abgefallen. Ich weiß nicht wohin damit. Dabei wäre ich froh, ihn los zu sein, das zusätzliche Gewicht kostet nämlich ordentlich Sprit und macht das Boot beinahe manövrierunfähig!"

Zusätzlich zu seiner gestelzten Eloquenz hat er wohl auch den Sinn für Realität verloren. Gewicht?? Wenn ich mir das Jüngelchen da genauer ansehe...also, Gewicht sieht anders aus. Und die Manövrierunfähigkeit hat auch andere Ursachen.

Es muss mal wieder einer dieser Tage sein, an denen ich zu gut für diese Welt bin. Ich höre mich doch tatsächlich sagen: "Wenn Sie ihn ohnehin loswerden wollen, lassen Sie ihn doch hier. Eine helfende Hand an Deck können wir immer gebrauchen".

In Wahrheit tut mir der blinde Passagier einfach nur leid. Mit diesem Musterexemplar von Postbeamten in einer Nußschale die sieben Weltmeere befahren zu müssen....wie war das noch mit dem siebten Höllenkreis?

Der Postmann stimmt natürlich - wie könnte es anders sein - freudig zu und entledigt sich mit einer Geschwindigkeit, die ich ihm gar nicht zugetraut hätte, seiner Fracht. Fröhlich winkend braust er von dannen, nicht ohne vorher noch dreimal im Kreis zu fahren.

Da stehen wir nun an Deck mit unserer Errungenschaft. Ein Kübel Eiswasser aus Gibbsens ruhiger Hand erledigt schnell das Problem des Aufwachens. Triefnass steht unser Gast nun vor uns, blickt hilflos von einem zum anderen und sagt schließlich.....

"где к я здесь являюсь!?"

Na ganz toll. Unzustellbare Postkarten, rote Segel, wirre Briefträger und....

Kann irgendjemand an Bord zufällig Russisch???

Cabin Fever, Part 1

Es ist Flaute.

Und damit meine ich Flaute. Flaute, wie nur sowas von Flaute sein kann. Kein Lüftchen rührt sich. Seit unserem Aufbruch aus Tortuga sind wir keine 20 Seemeilen vorangekommen.

Als wäre das nicht genug, ist es auch noch brüllend heiß. Die Sonne brennt konstant mit geschätzten 57° vom Himmel, und die Luft ist, als würde man heißen Sirup einatmen. Die Aktivität der Mannschaft geht daher auch gegen Null. An Deck kann man es in der prallen Sonne kaum aushalten, und in unserer Kajüte ist es dermaßen stickig....

....was allerdings nur daran liegt, dass der X@)§"/% Deckenventilator schon wieder kaputt ist. Dieses verfluchte Teil, das Jack billig von einer Wahrsagerin in Acapulco erstanden hat. Wenn es funktionieren soll, dann ist es garantiert kaputt - aber wehe, man braucht es einmal nicht. Ich erinnere mich noch gut, als wir bei minus 43 Grad durchs Eismeer geschippert sind, unter einer Wolldecke eng aneinandergeklammert und das beständige schröppel-schröppel-schröppel des aus unerfindlichen Gründen nicht abstellbaren Ventilators über unseren Köpfen.

Nach einem kleinen Wutanfall meinerseits hat Jack nun auch alles in Bewegung gesetzt, um diesem Zustand Abhilfe zu verschaffen, weswegen Gibbs momentan auch hemdlos und schwitzend wie ein kolumbianischer Gebirgsbär auf einem Stuhl in unserer Kajüte steht und fluchend versucht, die Gerätschaft wieder in Gang zu bringen.

Mir wird es zu heiß in der dunklen Kajüte. Tun kann ich eh nix, also begebe ich mich an Deck.

Dort ist die Situation nur unwesentlich besser. Die Luft flirrt vor meinen Augen. Weit und breit ist niemand zu sehen. Wo ist nur Jack? Wo sind Thin und Will?

Lucy in the sky

Gehen.

Gehen, Ehdi, nicht rennen.

Ich muss mich selbst ermahnen, nicht mit fliegenden Fahnen vorauszustürmen, so sehr ich das auch am liebsten tun würde. Nicht mehr weit, und wir wären in Sicherheit auf der Revenge...

Aber Rennen würde uns verdächtig...er machen; verdächtiger, als wir ohnehin schon sind. Man stelle sich uns bildlich vor: Ein etwas klein geratener Matrose in grauen, weiten Hosen; erstaunlich unmuskulös und bei genauerem Betrachten auch erstaunlich bartlos für jemanden, der den Großteil seiner Zeit auf See verbringt. An seinem Arm eine dagegen fast hochgewachsene Dame in einem aparten roten Kleid, das aber bei ebenfalls genauerem Betrachten bereits seine besten Zeiten überschritten zu haben scheint und außerdem über das doch recht breite Kreuz der Lady auffällig spannt.

Das allein wäre für Tortuga-Verhältnisse vielleicht noch weniger auffällig, wenn....

...wenn es uns nicht im Doppelpack gäbe.

Auf dem Fuße folgt uns nämlich ein ähnliches Ensemble, nur dass die Dame hier gelb trägt.

Auf dem Fuße? Moment mal....

Im Gehen drehe ich mich suchend um - Fehlanzeige.

"Stopp!", bremse ich die Dame an meinem Arm. "Wir haben Thin und Will verloren".

"Wa-as?", ruft Jack, und hätte uns durch seine gar nicht damenhafte Stimme beinahe schon wieder in die Bredouille gebracht. Welche Lady hat denn schon am Nachmittag drei Promille im Blut?

"Halt die Klappe!", zische ich ihm zu und sehe mich weiter unauffällig um. Jack hat nun kapiert und tut, als würde er etwas in seinem Täschchen suchen. Weit und breit keine Spur von Thin und Wi...ahaa!

Da kommen sie aus einem Hauseingang geschlüpft! Jack und ich sehen uns an. Die werden doch nicht etwa.....? Also *dafür* ist ja nun wirklich keine Zeit!

"So, Mr Turner, haben wir uns eine kleine Pause gegönnt?", geht Jack auch gleich auf Will los. Eben jener Mr Turner hat die Güte, rot anzulaufen, doch weiter kommen wir gar nicht mehr, denn um die Ecke biegt....

...die hartherzige Schlechtigkeit in Person, der ehrenwerte Sheriff von Nottingham.

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...............................



*Jack anguck*
Jack: *zu Will guck*
Will: *zu Thin guck*
Thin: *zu Ehdi guck*

Gemeinsam: ???

DREEEEEHBUCH!!!!!!!!

*aus dem Off* Ted: *zischel* Du bist im falschen Film, Idiot!
Terry: *zurückzischel* Bin ich gar nicht! Das stand so auf Wikipedia!
Ted: Bei den Piraten GIBT es keinen Sheriff, du Trottel! Jetzt mach schon weiter!
Terry: Okay, okay, ist ja gut....

*leises Rödeln der Filmrolle setzt wieder ein*



.....doch weiter kommen wir gar nicht mehr, denn um die Ecke biegt....

...eine Abteilung der Navy unter Leutnant Gilette höchstpersönlich.

Oh nein!

Das zweitschlimmste Übel nach Norrington, das uns ereilen konnte. Und dass die es auf uns abgesehen haben, daran gibt es keinen Zweifel- Gilette steuert zielstrebig auf uns zu.

Haltung bewahren, Ladies! . Thin und ich haben mal wieder das Gleiche gedacht. Zum Glück haben die 'Ladies' an ihre Fächer gedacht. Ich bete insgeheim zu allen Heiligen, die mir auf die Schnelle einfallen wollen, dass wir hier ungeschoren herauskommen.

Schon steht Gilette vor uns und fängt an, mit seiner nasalen Stimme und dem permanent leicht überheblichen Grinsen irgendwelche Delikte aufzuzählen, die wir anscheinend verbrochen haben sollen.

"....und benachrichtigen uns, dass Ihr dorten höchstselbst geruhtet, den werten Inhaber um seinen wohlverdienten Lohn zu bringen".

Er meint die nicht bezahlten Kleider. Was schert es eigentlich die Navy, ob wir bezahlen oder nicht. Ich hätte nicht übel Lust, ihm den Mund mit seiner Perücke zu stopfen. Aber die ist wahrscheinlich auch nur auf Pump bezahlt.

Thin entgegnet etwas zu unserer Verteidigung, während ich mir fieberhaft einen Plan B überlege. Gilette ist niemand, der sich so leicht abwimmeln lässt. Besorgt sehe ich zu Jack. Der scheint mich gar nicht wahrzunehmen; er schaut jedenfalls angestrengt über seinen Fächerrand hinweg. Was zur Hölle TUT er denn da?

Plötzlich mischt sich eine dritte Stimme in die mittlerweile lauter geratene Debatte zwischen Thin und Gilette.

"Sir, auf ein Wort..."

Thin und Will sehen ebenso verdutzt drein wie ich selbst, als ein junger Offizier aus der hinteren Reihe tritt und sich an seinen Vorgesetzten wendet. Gut. Zumindest die beiden haben ebensowenig Ahnung, was vorgeht. Jacks Miene ist nach wie vor undurchschaubar.

"Ich verbürge mich für diese junge Dame hier".
Es haut uns alle drei fast aus den Latschen, als der Blaurock bei diesen Worten auf unsere "Lady" in Rot zeigt.

Jetzt erkenne ich das Gesicht auch wieder! Es ist der Offizier von vorher; der, dem Jack vor dem Laden zugezwinkert hat. Unglaublich. Da schafft er es sogar in Weiberklamotten, sich noch irgendwie herauszulavieren.

Bevor ich meinen staunend heruntergeklappten Unterkiefer wieder in die richtige Position bringen kann, wendet sich Gillette erneut an uns, diesmal aber direkt an Jack.

"So, so. Und wie...heißt denn diese junge Dame hier?"




"Lucy Mae"

Das kam wie aus der Pistole geschossen. Er hat sogar an die Fistelstimme gedacht.

"So, so...", macht Gilette erneut; betrachtet unsere Dame noch einen Augenblick und wendet sich dann zu seinem Untergebenen um.

Die beiden drehen uns den Rücken zu. Wir haben anscheinend alle vier denselben Gedanken, denn still und heimlich nutzen wir die Gelegenheit, um unauffällig aus dem Bild zu diffundieren.

Tatsächlich schaffen wir es, unbemerkt zum Versteck zu kommen. Um die Verkleidung zu wechseln, ist jetzt keine Zeit mehr. Wir müssen schleunigst weg von hier!

Ich packe Jack am Arm und schleife ihn an Bord. Es war mir klar, dass Will in diesem Moment anfangen muss zu kichern.

"Ich glaube, du bist mir da eine Erklärung schuldig, Lucy Mae...!"

...

*schmatz*
Das war gut!
Mhmmm.
Nilleeis.
Mit Rumsoße!
*leiserülps*
Ob ich wohl noch eine Portion....?
Vielleicht wenn Du vorsichtig fragst?
Spinnst Du? Guck doch mal, Papa guckt schon so böse. Der hat uns genau im Blick.
Na, dann lass Dir was einfallen - Jackie. *verschwind*
*smirk* Danke für die Hilfe - Jackie.


Wenn ich mich ganz vorsichtig anpirsche, könnte ich an die Schüssel komm....

PATSCH!

AUA! *handwegzieh*

Onkel Hector hats bemerkt. Beleidigt gucke ich ihn an. So eine dumme, dicke Onkelhectorwurst! Na warte, wenn ich groß bin, dann werd ich Dir die ganze Rumsoße klauen, und Dein Schiff dazu, so dass Du ganz allein mit ganz viel Ningeleis und ohne Rumsoße auf einer einsamen, ganz weit weg-en Insel sitzt, bääh! Pöfz.

Ah. Gibbs gibt mir Nachschlag. Von Gibbs gibbs immer Nachschlag. Ich mag Gibbs *mampf* *feststell*

Während ich mir das restliche Ningeleis mit Rumsoße zu Gemüte führe, hat die Verwandtschaft angefangen zu singen.
Ein Weihnachtslied.
Papa begleitet sie dazu auf der Gitarre. Normal mag er das nicht, sagt er. Die Verwandtschaft ist eh zu blöd zum Singen, sagt er; da trifft keiner die Töne richtig. Aber da er nicht grimmiger als sonst auch guckt, gefällt es ihm im Moment wohl sogar. Vielleicht hatte er aber auch schon zuviel von der Rumsoße.

Das Lied ist lustig. Also, eher ist es lustig, wie die das singen.
Gibbs singt ganz schief *kicher* aber aus voller Kehle.
Tante Tia kriegt wie immer die Wörter durcheinander.

"..süüßäääääärrrr den Glocken nieeee klingäääään...."

Onkel Hector murmelt nur jedes zweite Wort mit. Ob ich ihn verpetzen soll?

"Du musst lauter singen, Onkel Hector!"

"....Mistba- aaaals zuhuuuur Weihnachtszeiheiiit...."

Gut macht er das. Da muss ich Beifall klatschen. Ho, was kriegt er jetzt so einen roten Kopf?

Onkel Sao! *lauthalskräh* Onkel Sao ist wie immer lustig.

"..tsuaaa Whainhachtstsaiith..."

Und jetzt alle! Hei, das macht Spaß!

"Süßer die Glocken nie kliiiiiiingen....."

*blinzel* Ich mag nicht müde werden *gähn* Dann muss ich ja ins Bett....

"..aaals zur Weihnachtszeiiiiiiit....."

Ich mag noch nicht schlafen. *gähn* Da verpaß ich ja, wie die noch saufen!

"...nie kliiiiingen..."

.....*gähn*.....

"....kliiiiingen......."

....................................




*.........kliiiingeln........*

"........klingeln....."

"ES HAT GEKLINGELT!!!!!" brülle ich Jack an, der irgendwie gar nicht zu hören scheint, was ich ihm schon seit 10 Minuten klarzumachen versuche. Er erzählt irgendwas von Weihnachten und Nilleeis, sieht dabei in einem roten Schmachtfetzen unverschämt gut aus, während Will in einem halb angezogenen gelben Kleid danebesteht und verklärt grinst.

Was zur Hölle ist nur mit denen los?

"Was hat geklingelt?" erhalte ich endlich die verzögerte Antwort. Gott oder sonstwem sei's gedankt!

"Die Ladenklingel hat geklingelt!"
Jack schaut verständnislos drein. "Ja, sie hat geklingelt, weil ihr reingekommen seid" - er mustert Thin und mich in unseren Matrosenoutfits.

"Jjja, aber sie hat in der Zwischenzeit *nochmal* geklingelt, und wenn Du die Güte hättest, aus dem Fenster zu gucken, würdest Du sehen, dass da draußen die Navy höchstselbst vor der Ladentür steht! Der eine da...", ich zeige auf einen blauberockten Offizier, der mit dem Rücken zum Schaufenster steht, "..hat grade eben die Tür zum Laden aufgerissen und hier reingeguckt. Die kommen bestimmt gleich nochmal in voller Kompaniestärke zurück!"

"Oh bugger".

Jap, genau. Immerhin ist der Blaurock nicht grade Commodore Norrington höchstselbst. Und wenigstens haben sie nicht Gilette geschickt, sonst wär ich ernstlich beleidigt gewesen. Aber er sieht mir viel zu offiziell aus, als dass ich Näheres herausfinden wollen würde.

"Wir müssen hier raus, und das möglichst unauffällig".

In dem Moment haben Scarlett und Giselle uns bemerkt und steuern auf uns zu.

"Jaaaack? Wer ist das? Kennst Du die?" will Giselle schon wieder pikiert wissen.

Dazu ist jetzt echt keine Zeit. Schnell greife ich mir die beiden Damen, erläutere kurz die Situation, und nach einer kleinen Lagebesprechung sind sie auch tatsächlich bereit, uns zu helfen.

Während Thin und ich Jack und Will noch provisorisch in die Damengewänder packen, ihnen Hüte aufsetzen und Fächer in die Hand drücken, dann den Ladeninhaber mit einem besonders ausgefallenen Wunsch nach hinten ins Lager schicken, um diese kurze Zeitspanne seiner abwesenden Aufmerksamkeit zu nutzen, um nicht zu bezahlen, haben Giselle und Scarlett mittlerweile vor dem Laden eine Streiterei angefangen, die die vollkommene Konzentration der anwesenden Navy einfordert.

Geschickt schlängeln wir uns um das Zentrum des Tumultes herum, wobei Jack es tatsächlich noch schafft, über den Rand seines Fächers hinweg einem Offizier, der zufällig in unsere Richtung sieht, ein kokettes Blinzeln zuzuwerfen.

Heiliger Himmel, weg hier!

Wir schaffen es tatsächlich, ohne viel Aufmerksamkeit zu erregen an den Stadtrand zu kommen. Jetzt nur noch das Gepäck aus dem vorher abgemachten Versteck geholt, und dann nix wie zurück zur Revenge!

"Alle Mann mir nach!" schreit Jack und rafft die roten Röcke. Weißer Pelz fliegt durch die Luft.

Will sieht ihm nach, dann zu mir herüber.

"Und warum erinnerte ihn jetzt das rote Kleid an den Weihnachtsabend des Jahres 1666, als Klein Jackie sechs Jahre alt wurde?"

Ich muss kichern. "Das, dear William, werden wir wohl zu gegebener Zeit erfahren".

I'm surrounded by idiots!

>>KLATSCH!<<<

Scarlett guckt für den Bruchteil einer Sekunde völlig ungläubig, als Giselles für Will bestimmte und von Thin durch massiven Körpereinsatz vom Ziel abgelenkte Ohrfeige in ihrem Gesicht landet, statt in Wills.

„Treffer und versenkt!“ jubiliert Jack lauthals und klatscht vergnügt in die Hände.

Ich werfe ihm einen strafenden Blick zu, allerdings sind die beiden Fregatten sowieso zu beschäftigt, um von irgendetwas anderem Notiz zu nehmen. Jacks süffisanten Kommentar hat also wohl keine von beiden gehört.

Während Thin damit zu tun hat, sich selbst und Will aus dem aprikosenfarbenen Tülltütü zu schälen, führen die beiden Schlampen mal wieder eine ihrer berüchtigten Grundsatzdiskussionen.

„…..Du fett darin aussiehst! Jack hat das Nachthemd natürlich für mich gekauft!“
„Für Diiiiiiiiiiiiich? Dass ich nicht lache!“


Und schon hat man sich gegenseitig an den turmhohen Haaren gepackt und geht in die zweite Runde.

Mir gefällt nicht, wie durch den Streit der beiden Schlampen langsam der gesamte Hafenbereich auf uns aufmerksam wird. Mittlerweile hat sich bereits eine kleine Menschentraube um uns gesammelt, die neugierig zuguckt. Ein paar Gesichter in der Menge gucken mir sauber zu offiziell, als dass ich Lust hätte, ihnen irgendwelche möglichen Fragen zu beantworten.

„So geht das nicht!“, beschließe ich und haue Jack ins Kreuz. „Du lenkst die Schlampen ab, ich kümmere mich um den Rest!“

„Was, ich!? Wieso denn ausgerechnet ich?!“

„Weil, dear Captain, sonst alle anderen auch grade beschäftigt sind und weil Du ein untrügliches Gespür für das weibliche Geschlecht besitzt“.


Mit unschuldig aufgerissenen Augen schenke ich ihm mein schönstes Sonntagsgrinsen. Manchmal finde ich es direkt schade, dass ich keine Goldzähne habe.

Murmelnd stapft er von dannen.
„Ladies, nun hört mir mal zu….“,, höre ich noch, dann helfe ich schnell Thin auf die Beine, die wiederum Will in die vertikale Lage befördert. Da Thin natürlich ebenfalls erkannt hat, dass uns der Aufstand weniger gut tut, machen wir uns sofort daran, die Schaulustigen zu zerstreuen.

„Gehen Sie bitte weiter, hier gibt es nichts zu sehen!“

Höflich aber bestimmt schieben wir die Gaffer beiseite, bis wir uns zum Schluß wieder im kleinen Kreis befinden. Jack hat die Schlampen zumindest mal mundtot gemacht, Thin klopft ihrem gefallenen Helden den Dreck von den Klamotten, und Will steht da wie eine Wachsfigur und hält das Tüllgespenst in der Hand.

Großartig, einfach großartig.

Ich gehe auf Will zu und halte ihm meinen Zeigefinger vor die Nase.
„Du! Du….“
Ich bemerke selber, dass ich mich grade benehme wie Jack, wenn er einen seiner hysterischen Anfälle kriegt.
Du hast uns den ganzen Schlamassel eingebrockt, Mister Turner! Wegen Dir weiß jetzt die halbe Stadt, dass wir hier sind!“

Okay, die andere Hälfte wusste es dank Jack schon vorher, aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt um objektiv zu sein.

Will guckt mich sowieso nur groß an, aber aus meinem Rücken vernehme ich ein schadenfrohes Kichern, das ja nur mal wieder von einem stammen kann.

„Sags ihm nur!“ und, an Will gewandt: „Also wo sie Recht hat, Intziwintzi….“

Er kommt nicht weit, denn jetzt macht er Bekanntschaft mit meinem ausgestreckten Zeigefinger vor der Nase.

„Du, Du musst grad reden! Du bist ja um nix besser! Dich kann man ja nicht mal in Ruhe sexuell belästigen, ohne dass gleich wieder ein Unglück passiert!“

Fast müsste ich über sein Gesicht noch lachen. Aber da sind noch die Schlampen, und die haben uns ja erst in diese Lage gebracht.

„Und wo ihr beide aufkreuzt, ist sowieso Ärger immer vorprogrammiert! Aaaaaaaaaaaaaaargh! Ich bin umgeben von Idioten!“

Vier Gesichter sehen mich äußerst ungläubig an, auf einem fünften liegt ein Schmunzeln. Da kommt mir eine Idee, wie wir das ganze Schlamassel doch noch gewinnbringend ausnutzen könnten.

Ich packe wortlos Jack am Arm und hake ihm Giselle unter; dann zerre ich Will, der immer noch wie angemauert dasteht, ebenfalls herüber und drücke ihm Scarlett aufs Auge.

„Mesdames, Monsieurs, ihr habt nun das unglaubliche Vergnügen, euch gegenseitig Gesellschaft leisten zu dürfen. Meine Damen, die beiden Herren brauchen neue Kleider. Ich bin sicher, ihr kennt die neusten Pariser Moden in- und auswendig. Ihr seid mir daher dafür verantwortlich, aus diesen beiden…..“, ich spare mir das Wort, „..feine Ladies zu machen, und zwar so dass kein Mensch sie mehr wiedererkennt! Ihr macht jetzt einen hübschen kleinen Einkaufsbummel zusammen. Thin und ich gehen derweil einen trinken und kümmern uns um den Teil des Plans, für den Intelligenz eine Grundvoraussetzung ist!“

Vier Augenpaare starren mir entgegen, aber kurzerhand packe ich Jack und Will bei den Schultern und schiebe sie samt jeweiliger Begleiterin auf den Weg. In der Tat merke ich schon, dass Jack seine Begleitung nicht ganz so unangenehm zu sein scheint wie Will die seine. Unglücklich hängt Mr Turner am Arm einer strahlenden Scarlett. Ich weiß gar nicht was er hat. Ich finde, rot steht ihm.

Allerdings muss ich trotzdem meinem Captain, der, wie ich weiß, sich sehr schnell an die jeweilige Situation anpasst, einen Rat mit auf den Weg geben.

„Schnuggi…Du weißt ja: Appetit holt man sich auswärts, aber gegessen wird daheim“.

Das versetzt seiner Laune einen sichtbaren Dämpfer, ist mir nun aber auch egal. Die beiden Fregatten schleppen ihre neugewonnenen Kavaliere von dannen. Ich drehe mich zu Thin um.

„Rum! Ich brauche Rum!“

Selig sind die geistig Armen!

Während sich das bereits abzusehende Schauspiel vor uns zu entfalten beginnt – sprich, Will sich in Wortgefechte mit den beiden Schlampen verstrickt und Thin mit verzweifelten Gesten versucht, ihren Helden vor weiterem Unheil zu bewahren – gibt Jack mir einen leichten Stüber längsseits. Im Moment nicht fähig, die Aufmerksamkeit von der Szene vor mir loszureißen, wende ich mich ihm nur halb zu.

„Mmmm?“

„Sag mal,“ meint Jack und gestikuliert dabei in der Luft herum. „Was TUT er denn da?!“

Ein Grinsen stiehlt sich auf mein Gesicht. Ich sehe den Captain direkt an; jedoch nicht ohne ein halbes Auge auf den Rest der Gruppe gerichtet zu halten.

„Will?“ antworte ich vergnügt. „Na, der sorgt für Recht und Ordnung“.

Den Ausdruck auf Jacks Gesicht kann man eigentlich nur als ‚fassungslos’ beschreiben.

„Er tut wa-as?“ bringt Mr Sparrow mühsam heraus. Scheinbar hats sogar ihm die Sprache verschlagen.

„Nun schau, Schnuggi, das ist doch ganz einfach“
, beginne ich ihm zu erklären und nutze die Gelegenheit gleich, unauffällig einen Arm um die sich mir darbietende zarte Taille des Captains zu legen. Hah – schnurrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr…………….

„Scarlett hat Will das Tütü geklaut. Das Tütü gehört aber eigentlich Thin. Und Will wird doch nicht zulassen, dass am helllichten Tag in *seinem* Beisein jemandem, der ihm nahesteht einfach so irgendwas entwendet wird. Noch dazu von so einer…Person. Klar soweit?“

Jack nickt stumm, während er weiter Will und die anderen beobachtet. Gute Gelegenheit, hier mal ein wenig…tiefgreifender zu werden. Wo ist denn himmelnochmal der Hosenbund schon wieder hingekommen?!

„Aber…“ meint Jack und begeht einen taktischen Fehler: in seiner typisch sparrow'sch-verdrehten Bewegungsart macht einen Schritt vorwärts während er sich zu mir umwendet.
Da ich sie nicht schnell genug zurückziehen kann, macht meine unter dem Hemd in seinem Hosenbund steckende Hand die Drehung leider schmerzhaft mit.

„HA-haaa-ha-ha-haaaaaa-….”

"Was?” fragt Jack und sieht mich genau so an wie ich ihn, wenn er solch unartikulierte Laute von sich gibt. Was dann aber normalerweise nix zu tun hat mit seiner Hand in…egal.

Ich bringe ein verbindlich-geschmerztes Lächeln zustande und bemühe mich, meine anatomisch etwas verkrümmte Standposition lässig aussehen zu lassen.

„Hniih- nix!....Beziehungsweise doch- Halt! Wollt ich sagen, halt, Schnuggi, weil Du mir mal wieder zu schnell bist....".

Mit einem fixen Griff und einer dezenten Drehung manövriere ich ihn auch wieder so hin, dass ich die Hand unauffällig vom Corpus Delicti entfernen kann. Weia. Das ist grade noch mal gut gegangen. Äh ja. Was war nun?

"Aber.." fängt Jack noch mal von vorne an, und ich bin nun ein sehr konzentrierter Zuhörer.

„Scarlett weiß doch gar nicht, dass das Tütü Will gehört…-“

„Thin“, unterbreche ich ihn. „Es gehört Thin. Auch wenn ich Dir zustimmen muss, dass ich Will gerne mal in dem Teil sehen würde“.

Wir kichern.

„Wie auch immer…sie denkt doch, das wäre meins. Und ich hätt es für sie gekauft“

„Joa – und? Will ist doch grade dabei, ihnen das klar zu machen“.


Ich kann mir ein Grinsen nicht verbeißen, als ich aus dem Hinter- beziehungsweise Vordergrund ein spitzes "Wiiiie bitte?!" vernehme, das deutlich von Giselle stammt.
Jack zuckt ebenfalls merklich zusammen. Immerhin kennt er das Temperament der beiden Damen um einiges besser als dear William.

„Wieso mischt er sich denn überhaupt ein? Das geht ihn doch gar nichts an!“


„Weil sein Sinn für Anstand und seine barmherzige Natur mal wieder stärker sind als sein Hirn. Kennst doch unseren edlen Ritter“.

Sowas ist Jack natürlich vollkommen fremd. Schon klar, dass er Wills Motivation in diesem Fall überhaupt nicht nachvollziehen kann. Ich allerdings ehrlich gesagt auch nicht. Will steuert mit großen Schritten auf das übliche Schicksal zu, das jedes männliche Wesen ereilt, welches diesen beiden Damen in die Quere kommt. Jack kann davon mit Sicherheit mehr als nur *ein* Lied singen. Das erklärt wohl auch die vornehme Zurückhaltung meines Captains. Irgendwas scheint ihm allerdings doch an Will bzw. dessen Schicksal zu liegen, denn er unternimmt einen letzten Versuch:

„Aber es ist doch abzusehen, dass das in die Hose gehen wird! Warum tut er das?“

„Schätzchen – es ist WILL“.


Jack antwortet mit einem Augenrollen. Und dann überrascht er mich – nicht damit, dass er Latein kann (dass er eine gewandte Zunge besitzt weiß ich ja). Nein, zum ersten Mal seit ich ihn kenne mit einem Bibelzitat! Jedoch keins, das Will besonders schmeichelhaft finden würde, sollte er es je zu hören bekommen. Wovor ich mich natürlich tunlichst hüten werde.

„Beati pauperes spiritu!“

Des Jackies neue Kleider

Nach bester Piratenart lümmle ich mich in die Kissen. Himmel, was bin ich müde! Na, kein Wunder. Es wurde noch eine richtig lustige Runde, nachdem sich die Kanoniersfrage also zu aller Zufriedenheit - oder vielleicht nicht zu *aller* Zufriedenheit, aber immerhin zur Zufriedenheit von ¾ der Teilnehmer... - geklärt hatte. Der Captain war glatt in Spendierlaune, und so flossen noch etliche Becher Rum...sogar Will hatte am Ende welchen gekriegt...nicht viel...aber genug um ihm ein hübsch rotes Näschen zu zaubern, während sich seine Aussprache vom Verständlichkeitsgrad her allmählich der Capt'n Sparrows anzunähern fing. Ich frage mich, wie sie ihn hochgekriegt hat. Also, Thin! Also, ich meine, Thin Will...aufs Zimmer. Und so.

Egal. Die beiden hatten sich also zu fortgeschrittener Stunde zurückgezogen, und Jack und ich beschlossen dann einhellig, dass es viel zu mühsam (sprich: wir zu faul) sei, jetzt noch zur Revenge zurückzulatschen. Es ist dunkel und spät und kalt und wir sind betrunken und überhaupt. Und wozu ist eine Taverne denn eine Taverne? Spontan beschlossen wir also, uns ebenfalls ein Zimmer im Hause zu nehmen. Galant wie mein Capt'n eben so ist, wird er die Miete zusammen mit der Zeche höchstwahrscheinlich morgen früh auf Thin schreiben lassen.

Wir bezogen also unser erlesenes Quartier, und nachdem wir nun noch einige (wichtige!! nautische!!!) Dinge...besprochen...haben, wär's nun wohl endlich Schlafenszeit. Ich fläze mich in meine Kissen und betrachte die hübsche Rückansicht, die sich mir da bietet...beinahe wäre ich weggedöst, wenn mich nicht Jacks Stimme plötzlich aufgeweckt hätte.

"Sag mal..."

Was kommt denn nun? So wenn er nämlich schon anfängt.
"Hmmmm?" frage ich vorsichtig nach.

"Sag, hast Du die Frau bemerkt? Unten im Schankraum? Die in der Ecke..."

Klar habe ich. Und ich hätte gedacht, er hätte auch bemerkt, dass ich bemerkt habe, dass er sie bemerkt hat. Immerhin war der Tritt unterm Tisch nicht gerade sanft.

Aber darum scheint's ausnahmsweise mal gar nicht zu gehen. Jedenfalls ist Jack angemessen ernst, und das kommt so selten vor, dass es wirklich ernst sein muss.

"Irgendwas an der war seltsam. Hatte den Eindruck, sie beobachtet uns...."
"Ja?" entgegne ich überrascht. Mir waren zwar die Blicke der fremden Frau auch aufgefallen, jedoch hatte ich das mal wieder der Wirkung meines Begleiters auf andere Menschen zugeschrieben, aber vielleicht hatte ich mich auch getäuscht. Immerhin hat Jack Recht, wir sollten *tatsächlich* vorsichtig sein, selbst wenn Tortuga tausend Unterschlupfmöglichkeiten bietet, aber wir wissen ja nicht, wer uns außer der Navy noch alles auf den Fersen ist. Langsam wird es ein heißes Pflaster für uns, und wir sollten machen, dass wir davonkommen.

"Gut!" stimme ich Jack also zu. "Wir konferieren morgen ganz früh mit Thin und Will, besorgen unseren restlichen Krempel, und dann nix wie weg hier!".

"Guter Plan. Einfach zu merken".

Hmja, sehe ich auch so. Aber jetzt, finde ich, sollten wir uns noch ein wenig über...nautische Dinge...unterhalten.


**********************************************************************************************************

Nächster Tag, Tortuga


Das Praktische an Tortuga ist, dass man hier sprichwörtlich alles kriegen kann - man muss nur intensiv genug suchen. Und so hat unser Einkaufs-Trip schon erste Früchte getragen. Tragen ist hier wörtlich, denn die beiden Herren der Schöpfung schleppen die Taschen, während Thin und ich feststellen, dass wir in einigen Punkten doch einen sehr ähnlichen Geschmack haben: Denn nicht umsonst sind sowohl Jack als auch Will jetzt im Besitz eines Paares schwarz-weiß geringelter Kniestrümpfe mit Skull & Crossbones drauf. Jack hat mir geschworen, er würde die Dinger nicht mal im Dunkeln anziehen. Na wir werden sehen....

Nebst einem neuen Hemd für Jack haben wir auch eine Schärpe und einen Gürtel für Will aufgetrieben und noch allerhand nutzlos....nützliches Zeug. Was wir noch nicht haben, allerdings, ist eine passende Verkleidung für die beiden.

Bei unserer morgendlichen Konferenz sind wir einstimmig übereingekommen, dass wir uns schleunigst an die älteste und nobelste aller Piratentraditionen halten sollten....nämlich die Beine in die Hand zu nehmen und zu gucken, dass wir Land...pardon, See gewinnen. Da vermutlich sämtliche Schiffe im Hafen eh schon unter Beobachtung stehen und wir nicht wissen, ob sie nicht die Revenge auch schon erspäht haben, hielten Thin und ich es für die sinnvollste Lösung, uns allesamt gute Verkleidungen zu beschaffen um dann möglichst getrennt voneinander und unauffällig im Getümmel zu verschwinden und uns später an Bord der Revenge wiederzutreffen.

Thin und ich hatten ja relativ schnell was für uns selbst gefunden bzw. unsere eigentlich ohnehin schon relativ unauffällige Matrosenkleidung um ein paar Accessoires ergänzt...Teile ausgetauscht...ich fand für mich einen schönen breitkrempigen Hut, der das Gesicht gut verdeckt; während Thin sich für ein anderes Kopftuch entschieden und zudem ihr Outfit mit einigen von Will's alten Sachen aufgepeppt hat. Unsere eigenen Sachen sind sicher in den Seesäcken (nein, ich meine nicht die Crew...) verstaut.

Problematischer waren mal wieder die Herren. Jack hatte sich so was von strikt gegen einen Seidenanzug und Gentleman-Perücke gewehrt, dass ich schon offene Meuterei befürchtete; und Will....keine Ahnung, was bei ihm das Problem war; aber jedenfalls steht auch er noch ohne da. Bildlich gesprochen.

Soeben diskutieren wir also noch über mögliche Alternativen, da kommt mir die Erleuchtung.

"Kleider!"

Drei Köpfe wenden sich zu mir um und sechs Augenpaare starren mich verdutzt an.

"Kleider" erkläre ich noch mal. Ist doch alles ganz einfach. "Wir stecken sie in Frauenkleider!".

Das Grinsen, welches sich auf Thins Gesicht ausbreitet zeigt mir, dass zumindest sie den Vorschlag gut findet. Will und Jack sind gerade dabei, ihr Unglück zu begreifen....

...da eilt schon das nächste Unglück in Form eines blonden und eines roten Haarschopfes auf uns zu.....

Tavernengeplänkel

Jack hat wirklich ein Talent dafür, ausgerechnet in den unpassendsten Momenten das Falsche......aber ja, das hatten wir ja schon *seufz*

Gerade als ich nämlich Thin und Will mehr oder weniger die Zusage entlockt habe, dass sie bei uns anheuern wollen, fällt mir der Captain mal wieder äußerst ungalant ins Wort.

"Liebes, wir wissen nicht nur irgendein Schiff. Captain Jack Sparrow fährt nicht auf irgendeinem Schiff. Unser Schiff ist groß und wild und....riesenhaftig und....."

Geklaut, werfe ich trocken ein; habe aber mal wieder nicht mit des Captains Fähigkeit gerechnet, sich abzuschütteln wie ein nasser Hund.

"Gekapert!", korrigiert er mich ohne Umschweife, und schon ist er mittendrin in der Story, wie wir - halsbrecherisch und wagemutig und draufgängerisch etc. etc...... - der Navy den Pott unter den be-uniformten Hintern weggestohlen haben.

Eigentlich hatte ich die Tatsache, dass uns die halbe königliche Marine auf den Fersen ist, ja dezent unter den Tisch fallen lassen wollen, zumindest bis wir auf hoher See sind und die beiden nicht mehr aus können. Oder bis sie es von selbst merken, was ungefähr auf dasselbe herausgekommen wäre. Allerdings ist es wohl doch besser, mit offenen Karten zu spielen und ihnen diesen nicht ungeringen Umstand nicht vorzuenthalten (habe ich schon mal erwähnt, dass ich Schachtelsätze liebe?), zumal es sein könnte, dass jemand *dezent-scheeler Seitenblick auf Will* sonst wieder einen moralischen Anfall bekommt.

Wie auch immer, die Katze ist jetzt nun mal aus dem Sack, und es sieht tatsächlich aus, als hätten wir endlich unseren Kanonier, und zudem einen Waffenschmied. Wozu auch immer. Ich muss Will bei Gelegenheit mal fragen, ob er auch Handschellen kann. Oder Maulkörbe. *geistig notier*

Als hätte Jack mich denken gehört, wirft er mir einen schiefen Blick zu, den ich nur mit einem Schulterzucken und einem stummen, unschuldigen "Was?" quittiere. Er muss ja auch nicht alles wissen.

Da von mir keine weitere Antwort zu erwarten ist, wendet er sich wieder den beiden anderen zu. "Na dann ist ja alles wunderbar!" ruft Jack, und wedelt mit dem Rumbecher dass es über den Rand schwappt. "Dann können wir ja morgen schon auslaufen!". Er meint das Schiff, nicht den Rum im Becher, da bin ich mir sicher.

Ein Schubser unterbricht ihn. "Falsch. Morgen müssen wir erst mal noch einkaufen.

"Was?! Ja aber, was denn noch? Ich dachte, Du hast schon!?"

"Ja, hab ich auch. Aber wir sind noch lange nicht komplett. Es fehlt noch Rum...". Spätestens jetzt ist seine Aufmerksamkeit geweckt. "Und...", ich ziehe dezent an dem vorhin verunfallten Hemdsärmel, eigentlich nur so, doch plötzlich finde ich mich mit einem einzelnen linken Ärmel in der Hand wieder. Das war wohl zuviel des Guten.
"Äh ---- es sieht auch so aus, als bräuchte der Captain ein neues Hemd".

Diesmal kommt der Seufzer von ihm....

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