Macht platt die Tür!

"Sind wir hier denn richtig?"

"Mh!"

"Also ich weiß nicht. Das sieht so...kleinbürgerlich aus. Bist du sicher, dass dein Kumpel hier wohnt?"

"Hrrmphh!"


Nervös verlagert Mama Sparrow das Gewicht der Pakete, die sie unter den Armen trägt, auf ihre Hüftknochen. Geschlagene zwei Stunden taumeln sie jetzt schon durch dunkle Gassen, auf der Suche nach dem Haus, von dem ihr Göttergatte ja genau weiß, dass das hier irgendwo liegt. Nur ist hier irgendwo ein wenig weit gefaßt, wenn man sich diese Sumpflandschaft aus Themseschlick und Hausabfällen mal genauer anschaut, die sich Southwark nennt und offiziell ein Vorort von London sein will. Es riecht irgendwie nach verstopftem Abfluss, findet Mama.

Und das alles nur, weil er sich einbildet, Weihnachten diesmal nicht zu Hause feiern zu wollen. Eigentlich hat Mama ja kein Wort geglaubt, hat vermutet, in letzter Minute würde ihr holder Angetrauter doch wieder nicht Haus, Heim und Rum verlassen wollen, aber dann kam ihm auf einem dieser Abende (Mama bevorzugte die Formulierung Gelage) die zündende Idee, das hochheilige Fest doch bei seinem alten Freund Bill zu verbringen, und bei dieser Gelegenheit auch gleich endlich einmal den jüngsten Sproß der Familie Turner zu begutachten. Rumselig hatte Teague Bill damals an Jackies sechstem Geburtstag versprochen, den Paten für den kleinen William zu machen. Da war der Bengel schon zwei Jahre alt gewesen, aber nun ja - es dauerte eben, bis Nachrichten sich in der Karibik verbreiteten, und noch länger dauerte es, bis Captain Teague in die Gänge kam. William war inzwischen fünf.

Da stehen sie nun also wie die heiligen drei Könige; Papa im besten Zwirn mit jedem Weihnachtsbaum um die Wette glitzernd, und während er natürlich nur Gitarre und Verantwortung trägt, schleppt Mama die Geschenke, und Gibbs, ja Gibbs...

Beim Blick auf den jungen Leichtmatrosen erhellt ein warmes Lächeln Mamas Lippen.

"Na, mein kleiner Schatz, bist du schon müde?"

Gibbs guckt, als hätte er 'ne Ladung Schrotkugeln zum Frühstück angeboten bekommen. Was gafft der nur so?

Ach so.

"Doch nicht du, du Idiot! Ich meine doch meinen kleinen Lieblingsschniggelfatz".
Sie kniebt ihren Jackie, den Gibbs auf dem Rücken trägt, in die kugelrunden, rosigen Wangen.

Wenn sie jetzt noch länger hier draußen rumstünden, würde dem Kleinen bestimmt kalt.
Wenn ihm kalt ist, fängt er an zu weinen.
Wenn...
Wenn Teague jetzt nicht gleich.....!


************************************

"...mein kleiner Liiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiieblingsschniggelfatz!"

Gibbs fällt fast sein Essen aus dem Gesicht. WAS hat sie gerade.....?
Ach so.

Die sich immer höher schwingende Stimme von Mama Sparrow kriecht Gibbs ins Ohr wie flüssige Marmelade. Er kriegt eine Gänsehaut auf dem behaarten Buckel.

Sie wird doch jetzt nicht....nein...nein, nicht doch...oh nei..nein, nein, neiiii - zu spät.

Das Wangenkneifen wird den unangenehmen Nebeneffekt haben, dass der Rotzbengel jetzt aufwacht. Verdammt! Dabei hatte Gibbs es doch erst kurz vorher geschafft, die kleine Nervensäge unter einer niedrigen Brücke durch eine gezielte - und rein zufällige - Aufwärtsbewegung unterhalb eines massiven Holzbalkens ins Reich der Träume zu befördern. Völlig unbeobachtet, wofür er sich selbst immer noch gratulierte, obwohl Mama Sparrow sonst kein Auge von ihrem Liebling ließ.

Jetzt aber bewegte sich das bis dato wie ein Mehlsack über Gibbsens Rücken hängende Bündel. Schmächtige Ärmchen bewiesen eine erstaunliche Kraft als sie sich um Gibbsens Hals legten. Als könne er es steuern, wurde der Bengel plötzlich mindestens 5 Kilo schwerer. Die Manschetten des viel zu großen Mantels baumelten Gibbs vor den Augen herum, so dass nur das stete Glitzern von Papas Jacke ihm den Weg in der Dunkelheit wies.

Wenn Teague jetzt nicht gleich......!

*********************************************

Die Füße in den kleinen Stiefeln sind nass. Er hat Hunger. Viel zu lange schon schleppt Gibbs ihn herum. Es schaukelt und schwankt, aber nicht so angenehm wie daheim auf dem Schiff. Ihm ist schlecht. Er vermißt daheim, sein Schiff, seine Spielsachen...das schöne Fahrrad von Onkel Bootsy zum Beispiel. Das ist hier alles blöd, findet Jackie. Es gibt kein Nilleeis mit Rumsoße. Ihm ist schlecht. Er will heim.

Weil er weiß, dass es hilft, fängt er an zu schreien. Leise zuerst, dann immer lauter.

Wenn Papa jetzt nicht gleich......!

***********************************************

Captain Teague schultert die Gitarre und streicht seinen Schnurrbart glatt. Da ist das Haus doch, das von seinem Kumpel Bill. Er hat natürlich immer genau gewußt wo es ist. Unbeeindruckt von allem um sich herum nähert er sich der Tür.

Gespanntes Erwarten erfüllt die Luft.

Eindrucksvoll wirft er sich vor der Tür in Pose. Lässt den Mistelzweig, den er aus Versehen abgerissen hat, dezent unter seinem schweren Stiefel verschwinden. Prüft noch einmal den Sitz von Hut und Jacke.

Captain Teague erhebt die Hand.....





........und steckt sich in aller Seelenruhe eine Kippe an.

"Boahjetztechtmalteaguekannstunichtlangsammalhinmacheney...."
"Capt'n, der Kleine wird langsam schwer, Capt'n..."
"RABÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄH!!!!"

Wenn die doch alle mal die Klappe halten würden!!!!

Teague hebt die Hand - die ohne Kippe - erneut und plaziert einen wohldosierten Fausthieb in der Mitte der Tür.

Diese knarrt, ächzt, stöhnt - und kippt langsam, wie in Zeitlupe, ins Innere des Hauses, wo ein erstaunter Mann mit einer einzelnen Türklinke in der Hand fassungslos dasteht.

"Frohe Weihnachten, Bill", brummt Teague.

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